94 km - 46 h
Eigentlich hatte ich ja für dieses Wochenende einen ganz anderen Wanderweg in einem ganz anderen Gebirge geplant gehabt. Der Hexenstieg war Anjas und Sarahs Projekt, doch Anja wurde krank, ich hatte auf Arbeit zufällig zwei Stunden früher Schluss und so konnte ich Sarah, die ihren Rucksack glücklicherweise noch nicht ausgepackt hatte, doch noch sehr spontan zusagen sie zu begleiten.
Der Harzer Hexenstieg, ein Qualitätswanderweg, der auf 94 km Länge zwischen Osterrode und Thale durch den Harz führt, stand schon lange auf der to-do bzw. der to-hike Liste.
Mein Auto parkte ich auf dem kostenlosen Parkplatz Bodetal in Thale und Sarahs Mama fuhr uns bis Osterode zum Startpunkt unserer Wanderung- immerhin eine gute Stunde Fahrt über die Schnellstraße und das wollten wir in den kommenden 2 Tagen zurück laufen.... nun denn.
Etappe 1 - Prolog: Osterode - Buntenbock (10 km)
Noch schnell ein Startfoto geschossen und gegen 20:00 Uhr waren wir auf dem Trail. Am Freitag liefen wir in die Dunkelheit hinein und folgten 10 Kilometer weit eher unspektakulären breiten Forststraßen. Pflichtbewusst trugen wir unsere Namen in das Hexensteigbuch ein, was etwa 5 Kilometer nach Osterode am Wegrand auf uns wartete. Auf einem kleinen Extraschlenker stießen wir auf unser Nachtlager - eine schöne Rasthütte mit Sitzbank nebendran. Wir rollten unsere Schlafsäcke aus. Sarah in der Hütte, ich daneben, da mir der Grasboden bequemer schien als der Betonboden der Hütte. Ich hatte mich diesmal für minimale Biwakausrüstung entschieden - Notbivy, 5 Euro Aluisomatte und Sommerschlafsack. Die Nacht war super, ein gigantischer Sternenhimmel über mir. Erst gegen Morgen wurde es etwas frisch. Das fiel allerdings auch Boscaille auf und ich ließ sie als Wärmflasche mit zu mir in den Schlafsack. Gürkchen bemerkte auch, dass ich wach war und boxte mir erstmal voll mit der Pfote vor die Nase - sie schickte ich wieder weg.
Kurz darauf wurde ich von einem Gewaltigen Spektakel erneut geweckt. Die Vögel hatten ihre Nachtruhe beendet und mir stieg ein wohlbekannter, würziger Geruch in die Nase - Wildschweinen. Doch die waren glücklicherweise weit und breit nicht zu sehen oder zu hören und auch das Verhalten der Hunde beruhigte mich. Bei Sarah in der Hütte regte sich auch langsam etwas und wir standen auf, eine ganze Stunde früher als geplant, was jedoch überhaupt nicht tragisch war denn heute stand der größte Teil der Strecke an. Nach einem kurzen Frühstück starteten wir 6:30 Uhr auf unsere 2. Etappe vom Harzer Hexenstieg.
2. Etappe: Buntenbock via Brocken - Susenburg (54 km)
Über einen Singletrail stießen wir bald wieder auf den Korrekten Trail, von dem wir am Vorabend ja versehentlich etwas abgekommen waren. Auf einem Waldweg kam uns eine seltsame gakelige schwarze Silhouette entgegen, die sich nach einigem rätseln unsererseits als eine Gruppe Angler mitsamt Equipment entpuppte.
Der Weg bis Torfhaus schlängelte sich entlang alter Bergbauwassergräben und war sehr eben. Wir kamen schnell voran und auch für die Hunde war ständig genug Wasser da. Es gab noch einige quer liegende Bäume, doch die ließen sich gut umgehen bzw überklettern.
Die Sperrung des Magdeburger Weges ignorierten wir daher. Das erste Hindernis war ein kleines Stück Weg, der komplett weggebrochen war und den nackten Fels darunter freigelegt hatte. Die Stelle ließ sich jedoch durch einen Wassergraben umgehen. Ein paar Meter weiter lag dann aber soviel Holz quer, dass wir immer weiter nach oben in den Wald ausweichen mussten. Der Weg nach unten war viel zu steil also mussten wir immer weiter hoch.
Mit, von allerlei Gesträuch zerkratzten Beinen, erreichten wir schließlich eine Straße. Das GPS sagte uns, dass etwa 100 Meter weiter ein Weg bergab und uns
wieder auf den Orginaltrail bringen würde. Torfhaus war danach schnell erreicht und ein üppiges Mittagessen in der Baude hatten wir uns nach diesem Abenteuerteil wirklich
verdient.
Frisch gestärkt nahmen wir den Brocken in Angriff, der forderte weniger körperlich als mental - Menschenmassenslalom, ein nicht enden wollender Strom schob
sich Richtung Gipfel. Klar - es war Wochenende und traumhaftes Wetter. Den finalen Zipfel zum Gipfel schenkten wir uns daher auch. Der Abstieg über die Asphaltstraße war schon nervig genug. Gut
die Hälfte vom weg hatten wir geschafft und den Asphalt nahmen die Füße inzwischen übel.
Als wir Richtung Drei Annen Hohne abbogen, versiegte auch der Menschenstrom. Der Weg plätscherte recht unspektakulär dahin. Eine Bank und ein Fleckchen Sonne davor lud uns zu einer weiteren Pause ein. Ich breitete meinen Schlafsack zum Trocknen aus und befreite meine Füße aus den Schuhen. Die Hunde rollten sich auch zusammen und nutzten das Päuschen für ein Powernapping. Als sich die Spätnachmittagssonne verzogen hatte - setzten wir den Weg fort. Es ging stetig bergab und als wir an einer der Übersichtskarten vom Hexenstieg vorbeikamen guckten wir uns einen Übernachtungsplatz aus.
Nach dem Bahnhof Drei Annen Hohne wurden die Wege wieder zu Forststraßen und das Vorankommen zäh. Auch die Aussicht noch die Ortschaft Königshütte durchqueren zu müssen, machte es uns nicht leichter. Überraschenderweise verlief der Hexensteig hier über Pfade und Steige jenseits von bebautem Gebiet. Am Ortsausgang hatte sich eine Leipziger Familie zum Grillen niedergelassen und die überließen mir freundlicherweise ein Bier. Stolz trug ich meine Beute Sarah hinterher, die schonmal vorrausgegangen war.
Nur noch drei Kilometer trennten uns vom Ziel, doch die zogen sich ewig, wie es die letzten Kilometer immer so an sich haben. Doch dann tauchte auf einer Wiese die Schutzhütte Susenburgblick auf. Wir stoppten die Uhr bei 54 Tageskilometern. Der nah gelegene Fluss war Fluch und Segen zugleich. Wir hatten genug Wasser zum Kochen und für die Hunde doch in der Dämmerung doch mit der Dämmerung überfielen uns massenhaft Gnizzen.
Es gab Gemüse - Pilz Pfanne mit Reis, eines der Trailgerichte, die ich noch von Norwegen übrig hatte, dazu das abgestaubte Bier. Einfach aber perfekt nach so einem Tag. Es war noch hell als wir, diesmal beide unter freiem Himmel, in Schlafsäcke fielen. Nur Gürkchen hatte sich in der Schutzhütte ein Loch gescharrt und es sich darin bequem gemacht. Da es erfahrungsgemäß in Flußniederungen nachts etwas kälter wird, nahm ich Boscaille diesmal gleich mit in den Schlafsack. Eine gute Entscheidung. Irgendwann wurde ich wach, über uns ein wahnsinnig schöner Sternenhimmel und irgendwo im Wald Geballer. Allerdings war es weit genug weg um wirklich Besorgnis erregend zu sein. Eh schon wach wollte ich die Gelegenheit nutzen und mal meine Schlafposition wechseln. Zusammen mit dem Hund im Schlafsack gar nicht so einfach. Man klemmt schon ziemlich beisammen doch so langsam machten sich diverse Körperteile bemerkbar. Ich merkte jedoch schnell wie sich plötzlich überall Kältebrücke bildeten. Also schnell zurück in die Ausgangsposition. Wenn ich die Wahl zwischen unbequem liegen und frieren hab wähle ich ersteres.
Etappe 3: Susenburg - Thale (30 km)
Am Morgen war das Gras um uns herum gefroren. Etwas steif schälte ich mich aus dem Schlafsack. Das Gas vom Kocher mussten wir erstmal anwärmen und auch beim packen froren uns fast die Finger ab. Wir brachen so schnell wie möglich auf um warm zu werden und kurz vor Rübeland wurde uns dann auch richtig warm. Fichtenmikado. Der Großteil ließ sich zwar über Trampelpfade gut umgehen, doch einmal mussten wir wieder ein Stück den Hang hinauf, um die umgestürzten Bäume zu umgehen. Schicht um Schicht entledigten wir uns der Klamotten und bald war es selbst im T Shirt zu warm. Auch den Hunden machte diese plötzliche Hitze zu schaffen und sie nutzten jede Gelegenheit sich in den Bachläufen abzukühlen.
Nach Rübeland hatten wir zum Glück auch wieder schattige Singletrails denen wir Richtung Wendfurt folgten. Dort angekommen, beschlossen wir, dass es Zeit für einen Kaffee war. Wir breiteten die nassen Schlafsachen zum Trocknen aus und bestellten uns neben dem Kaffee direkt noch etwas zu essen. Wir tapten die ein oder andere Blase, packten das trockene Kram wieder zusammen und jetzt hieß es Endspurt - die letzten 20 Kilometer bis Thale durch das Bodetal. Altenbrak nur noch 15, in Treseburg noch 10 und dann war das Ziel zum Greifen nah. Das Bodetal ist landschaftlich genial und auch der befürchtete Menschenstrom blieb aus.
Im Biergarten am Bodetaleingang wartete bereits Sarahs Papa und begleitete die uns die letzten Meter ins Ziel. Geschafft! Sarahs erste Dogtrekking Distanz und ein weiteres Häkchen auf der To hike Liste.
Fazit Hexensteig
+ schöner Weg durch eine schöne Gegend
+ super Wander Infrastruktur
recht einfaches Profil
technisch mäßig anspruchsvoll (außer die Windbruchpassagen)
super Weitwanderung für Einsteiger
- einige sehr meditative Abschnitte
- stellenweise überlaufen (wenn man kann lieber unter der Woche machen oder eben bei harztypischem Wetter)
>> TRACK
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Monika Herbst (Mittwoch, 15 August 2018 11:24)
Toll beschrieben und ja, den überlaufenden Brocken sollte man meiden, wenn man kann (oder nur zum Sonnenaufgang hochwandern, dann ist nicht viel los. Alleine sein wird man trotzdem nicht...)