Vorweg eine kleine Vorstellung des Teams Mondläufer. Da wäre zum einen die 1 Jahr & 7 Monate alte Australian Shepherd Hündin Luna, mit einem sehr hohen Energielevel, und zum anderen der menschliche Bremsklotz in Form von meiner Wenigkeit, Janine.
Mit dem Bericht starten möchte ich jedoch erstmal mit Dankesworten an Anja, Caro und natürlich an alle anderen die geholfen haben, dieses Wochenende so unvergesslich und lecker (ja, lecker! Das vegane Essen war ein Traum!) zu machen. In diesem Sinne: Vielen DANK! Es war Klasse.
Nun aber zum eigentlichen Bericht: Anreise für uns war Donnerstag. Wir wollten zwar nur die Tour am Samstag laufen, ich konnte aber leider nicht abschätzen wie Luna auf so ziemlich alles reagiert. Es war nämlich unser erstes Mal in vielerlei Hinsicht. Wir waren noch nie soweit Auto gefahren (immerhin knappe 500 km), waren nie campen, waren nie auf ähnlichen Veranstaltungen mit so vielen Menschen und Hunden und hatten auch nie eine so lange Wandertour gemacht. Unsere Trainingsstrecken durch Deister und Süntel beschränkten sich vornehmlich auf 20 km und 500 Hm. Eine richtige Herausforderung also, besonders für mich. Weshalb meine knapp einjährige akribische Planung (seit dem 1. ESDT fieberte ich dem Anmeldedatum für das 2te entgegen) auch (fast) alle Eventualitäten mit einschloss. Welche “Eventualität“ ich nicht bedacht oder ausreichend recherchiert hatte, merkte ich sehr schnell noch am ersten Tag bzw. in der ersten Nacht!
Nach einer wirklich sehr entspannten Anreise kamen wir gegen 15 Uhr auf dem Camping Platz Ostrauer Mühle an. Und nach einigem hin- und her fand ich für uns auch einen passenden Zeltplatz. Frau hat da ja so ihre Ansprüche hinsichtlich Aussicht, Entfernung zu den sanitären Anlagen und Auto Abstellmöglichkeiten. War aber alles kein Problem, da wir ja viel zu früh dran waren und somit kaum ein Platz vergeben war. Die meisten sind ja schließlich erst am Freitag angereist. Nach Aufbau meines nigelnagelneuen Zeltes war der Tag für mich auch schon fast gelaufen und wir gingen zum gemütlicheren Teil über. Ein kleiner Spaziergang, ein Anruf zu Hause und dann ab in die Heia. Die Anstrengung der langen Autofahrt machte sich doch langsam bemerkbar.
Ganz so glatt lief es dann zwar nicht, da ich, überwältig von den vielen kleinen steilen Pfaden in der Nähe (Da sollen wir Samstag hoch?!), gleich erstmal ausrutschte und einen Sittich machte. Ende vom Lied war eine fiese Beule am Daumenballen und ein passender Bluterguss. Beim Verarzten stieß ich dann auch gleich auf das erste kleine Fehlerchen in meiner akribischen Planung. Keine Wund-und Heilsalbe für Menschen dabei…Mist!
In der darauffolgen Nacht kam aber das wohl gravierendste Versäumnis meiner Planung zum Vorschein. Der Schlafsack war zu groß und bot somit reichlich Luft zur Abkühlung. Ich fror erbärmlich!! Und meine kleine persönliche Heizung weigerte sich, länger als nötig in meiner schraubstockartigen Umarmung zu verweilen. Luna machten die niedrigen Temperauren ganz offensichtlich nichts aus.
Am Freitagmorgen war ich dann natürlich umso glücklicher als das Wetter immer sonniger und somit auch wärmer wurde. Gleichzeitig hoffte ich inständig, dass es Samstag nicht ganz so warm und sonnig wird. Ich gehöre nämlich zu der Sorte Mensch, die Sonne nur in Maßen und auch nur unter bestimmten Voraussetzungen wie schöne winterliche Temperaturen abkönnen.
Später am Tag bewies es sich erneut wie gut mein Zeltplatz gewählt war. Das Seminar zur grundlegenden Orientierung im Gelände fand direkt vor meinem Zelt statt, sodass ich, bequem im Stuhl sitzend, dem Vortrag lauschen und nebenbei noch den Hund haufenweise Leckerlis zur Beruhigung eintrichtern konnte. Für Luna waren so viele Leute vor ihrem Zelt teilweise too much. Den Inhalt des Seminars prägte ich mir ein so gut es ging und hatte das untrügliche Gefühl, dass es mir bei meiner bevorstehenden Tour zugutekommen würde. Und wie recht ich damit hatte!
Nach einer weiteren sehr frostigen und kurzen Nacht, bereitete ich mich um kurz nach 5 Uhr auf das Kommende vor. Den Rucksack hatte ich bereits im Großen und Ganzen am Vortag gepackt, sodass ich nur noch ein paar Kleinigkeiten hinzufügen musste. Schnell noch den Hund füttern und wässern, einen wärmenden Tee trinken und ab ging´s. Start etwa 06:30 Uhr Richtung Flößersteig. Erster Blick auf die Karte zeigte 35 km. Oha, nochmal 5 km mehr als erwartet. Das wird lustig!
Dann am ersten steileren Aufstieg angekommen, war mein erster Gedanke “Oh, shit! Die wollen mich verarschen!“, während Luna sich schon mal fröhlich am Aufstieg probierte und scheiterte.
Ich stand also erstmal etwas bedröppelt vor dem Aufstieg und nach einem nervösen Blick aufs Handy, welches mir immer noch fröhlich mitteilte, dass ich auf Grund fehlenden Empfangs mobiler Daten und GPS auf mich alleingestellt bin, atmete ich tief durch und begutachtete die Karte nochmal genauer. Kann ja eigentlich nicht so schwer sein so eine Karte zu lesen…(Ja, ich gebe zu bisher bin ich immer nur mit Handy-GPS durch die Gegend gewandert und selbst da habe ich mich hin und wieder verrannt und auch Kletterpartien waren bisher nicht im Programm enthalten.) Und gerade als ich mir überlegt hatte umzudrehen und auf die Straße auszuweichen, hörte ich von hinten weitere Teilnehmer mit ihren Hunden. Auf einem Singletrail ohne große Ausweichmöglichkeiten und mit einem verunsicherten Hund hatte ich also keine große Wahl: Ich musste weiter und nach Möglichkeit schnell, da ich Andere mit meinem Unvermögen nicht behindern wollte. Luna startete also wieder einen Versuch rauf zu kommen und rutschte auf dem nassen Stein ab. Ich war bedient! Und das nach nur 500 Metern. Hinter mir war jetzt das nachfolgende Team aufgetaucht und ich entdeckte eine Nische in der Felswand. Kurzer Hand bugsierte ich meinen Hund hinein und wir ließen die anderen durch. Um weitere Verzögerungen zu vermeiden, beobachteten wir beide, wie das vorangehende Team den Aufstieg bewältigte. Danach legten wir los. Wäre doch gelacht! Und siehe da es klappte! Während ich noch Freudensprünge über diesen kleinen Sieg machen wollte, rannte Luna schon fröhlich dem anderen Team hinterher. Aber merke, wo es rauf geht, geht es auch wieder runter. Und mit 4 Beinen wesentlich besser als mit 2. Die Worte “Langsam!“ und “Stop!“ wurden von mir noch nie sooft benutzt.
Nachdem Luna jetzt Feuer gefangen hatte, zog sie mich wie eine Weltmeisterin! Selbst die ihr so verhassten Gittertreppen und -brücken überquerte sie ohne zu zögern. Ich war unglaublich stolz auf sie! Ein großer Teil des Weges lief fortan erst einmal ohne Schwierigkeiten und ich konnte die tolle Aussicht und Natur genießen. Der Karte zu folgen ging ohne Probleme und ich war mega happy mich nach 5 km immer noch nicht verlaufen zu haben. Die Freude war jedoch nur von kurzer Dauer. Gleich beim ersten Pfad der keine Ausschilderung/Wegmarkierung hatte, kam ich an einer anderen Stelle raus als ich sollte. Ohne GPS und andere Offline-Navigation stand ich etwas hilflos an der Straße, wurde immer verzweifelter und steigerte mich in die aufkochende Wut hinein. Schließlich wollte ich doch die Tour zu Ende bringen! Ich fluchte innerlich auf alles was ich fand, auf mich, die Karte, fehlende Satellitenverbindungen, auf Bäume, Sträucher... Doch just in diesem Moment tauchte ein junger Mann mit Offline-Navi auf. Ich jubelte innerlich! Und fragte auch gleich mal, ob er mir nicht helfen könnte. Ja, er konnte und brachte mich auf den richtigen Weg zurück. Nebenbei bemerkte ich, dass es wohl eine kleine Namensänderung bei einem der Wege gab. Auf meiner Karte stand nämlich Brandweg und am Wegweiser Lupinenweg. Aber das war nebensächlich, denn die nächsten Kilometer waren eine wahre Wohltat, was das Navigieren anging. Alles lief glatt und wir waren auch bald an unserem ersten und einzigen Checkpoint angekommen. Danach erstmal ein kleines Päuschen gemacht und die langsam schmerzenden Füße ausgeruht. Mein kleiner Mond war natürlich immer noch fit wie ein Turnschuh.
Nach der Stärkung in Form von selbstgebackenem Bananenbrot (Danke an Anja für den Rezeptlink) und viel Wasser, ging es weiter Richtung Polenztal. So lautete zumindest der Plan…Nachdem ich auf “meinem“ gekennzeichneten Pfad auf eine größere Versammlung Doghiker traf, lief ich voller Begeisterung der Herde prompt erstmal falsch Richtung Hohenstein hinterher. Von hier aus den richtigen Weg zu finden fiel mir, ohne genau zu wissen wo ich eigentlich war, recht schwer. So dass ich angefressen stehen blieb und auf die nächsten Wanderer hoffte, die auch tatsächlich nicht lange auf sich warten ließen. Ein nettes Pärchen, die zufällig genau dahin wollten wo auch ich lang musste und eine Offlinekarte besaßen. Im Polenztal angekommen, entdeckte ich auch bereits andere Touren-Geher, welche im Biergarten Pause machten. Nachdem ich mich bei ihnen rückversichert hatte, dass ich mich jetzt auf dem richtigen Weg befand, lief ich wieder los. Immer schön am Fluss entlang. Für den Hund eine super Gelegenheit baden zu gehen. Dank dem schönen Wetter hatten wir sehr viel “Gegenverkehr“, den Novizin Luna aber immer schön Beifuß gehend meisterte. Selbst Hunde ließ sie größtenteils links liegen. Ich war ja so stolz auf meine Kleine! Nach einer Weile hörte der rege “Verkehr“ aber auf und wir waren wieder alleine unterwegs.
Ich fühlte mich inzwischen überhitzt und schwitzte trotz Schatten ohne besonders viel körperliche Betätigung. Was ich bis dato jedoch nicht wusste war, dass der anstrengende, extrem sonnige Teil des Weges noch vor mir lag. Und auch die atemberaubende Natur im Polenztal, täuschte nicht über meine bereits massiv schmerzenden Füße hinweg. Die wurden kurze Zeit später nur noch von den langen Wegen ohne Schatten über Asphaltstraßen bzw. -wege getoppt. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder in Kohlemühle ankam (einem Ort durch den ich bereits auf dem Hinweg kam), war ich mehr als bedient. Ich pfiff aus dem letzten Loch! Nicht etwa wegen zu wenig Ausdauer: Nein, die Sonne hatte mir trotz Abkühlung im Fluss (eine wahre Wohltat, so ein kleines abkühlendes Fußbad!) extrem zugesetzt und auch mein Trinkwasser ging langsam zur Neige. Trotz allem wollte ich mich durchbeißen. Die Karte sagte mir nur noch ein Dorf (Altendorf) und dann wäre ich fast wieder im Ziel. Auf dem Hinweg hatte ich bereits den Wegweiser Richtung Altendorf gesehen, sodass ich keine Schwierigkeiten hatte den Weg zu finden. Was mir jedoch Schwierigkeiten machte, war die Zahl hinter dem Namen am Wegweiser: 1 STUNDE! 1 Stunde bis Altendorf und dann auch noch steil bergauf! Ich musste als ich das las, erstmal tief durchatmen und versuchen die aufsteigende Panik/Verzweiflung (weiß nicht mal warum oder wovor) runter zu schrauben. Ein letzter Schluck aus der Wasserflasche und los geht’s den Berg rauf. Luna war Gott sei Dank immer noch fleißig am Ziehen und erleichtert mir die Arbeit ungemein. Trotzdem musste ich auf Hälfte der Strecke noch mal Halt machen und mich hinsetzen. Die Tränen, welche die ganze Zeit seit dem Wegweiser in den Augen brannten, bahnten sich nun mit aller Macht den Weg und ich musste mich erst einmal sammeln. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, ich war an meine mentale Grenze gekommen. Luna saß die ganze Zeit treu neben mir und putzte mir kräftig die Tränen aus dem Gesicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging es mir wieder besser und es ging weiter.
In Altendorf angekommen, stieß ich auf das nächste Problem. Wo lang? Ich suchte meine Karte nach markanten Gebietsnamen, Straßen, Flüßen oder Bächen ab und fand die Dorfbachklamm. HA! Ein Wegweiser beinhaltete genau diesen Namen. Perfekt, es konnte weiter gehen. Das Seminar vom Vortag hatte mir bereits mehrfach den Tag über gute Dienste geleistet. Plötzlich eine Kreuzung und kein Wegweiser zur Dorfbachklamm mehr. Mist! So kurz vor dem Ziel…Aber da steht Kirnitzschtal. Kirnitzsch, so heißt der Fluss der an der Ostrauer Mühle vorbei fließt. Also fix dem Wegweiser nach, zwischendurch die Anwohner in ihren Gärten freundlich grüßen und an der nächsten Kreuzung wieder….kein Wegweiser. Gar keiner! Fuck! Kurz überlegen und zu den freundlichen Anwohnern zurück. Die zwei älteren Damen fragte ich dann nach dem Weg. Beide halfen gern und erklärten mir, wo ich lang müsste: Erst rechts und dann geradeaus bis zur Gabelung. Sie warnten mich aber davor, den linken Weg der Abzweigung zu nehmen (hätte eh rechts lang gemusst), da dort die Brücke eingestürzt sei. Sehr lieb von den beiden! Unsicher fragten sie, ob ich den steilen Abstieg mit Hund sicher schaffen würde. Ich bejahte, schließlich hatten wir ja heute schon so einiges geschafft. Und was genau verstehen zwei ältere Damen wohl unter einem steilen Abstieg? Meine Devise: Kann ja nicht schlimmer werden! Stimmte auch, es wurde noch schlimmer… Der steile Abstieg in die Dorfbachklamm hatte es, mit meiner nicht mehr ganz so taufrischen Beinmuskulatur, den schmerzenden Füßen und einem immer noch sehr fitten Zughund, echt in sich.
Doch wir schafften es gemeinsam und kamen nach etwa 10 Stunden irgendwas wieder im Ziel an. Insgesamt waren wir das dritte Team, das wieder auf dem Campingplatz eintrudelte. Ich war mega happy! Auch wenn ich es nicht zeigen konnte, die Emotionen bei mir sind auf dem Weg ja geradezu Amok gelaufen, sodass ich einfach nur erleichtert war es geschafft zu haben. Zur Belohnung gab es für den Hund gleich eine große Portion Nassfutter und für mich eine fantastische Brokkoli-Suppe. Yummy!
Fazit: Es war ein tolles Erlebnis und hat mich und Luna weiter zusammen geschweißt. Es hat mir trotz Blut, Schweiß und Tränen sehr viel Spaß gemacht und wir würden nächstes Jahr gerne wieder mitmachen. Dieses Mal aber mit richtigem Schlafsack, Wund- und Heilsalbe und ganz wichtig einer Offline-Karte, welche ich dann installiert/heruntergeladen haben werde! Ziel fürs kommende Jahr: Eine bessere Zeit laufen! Sollte kein Problem werden, wenn ich mich nicht ständig verlaufe ;)
Janine Wenzel
Team Mondläufer
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Luka (Mittwoch, 28 März 2018 21:52)
Sehr schön geschrieben. Bin gleich mit euch unterwegs gewesen. Noch viel Spaß euch.
Janine (Donnerstag, 29 März 2018 10:55)
Danke schön! Ich hoffe ja, dass ich in diesem Jahr mit etwas weniger Orientierungsproblemen zu kämpfen habe ;) Dir auch noch viel Spaß